Realschule bringt Kinder in Bewegung
„Schüler unterliegen in der Regel einem Sitzdiktat“ / Projekttag für Eltern und Lehrer
Ohne lange zu überlegen stehen Emma und Sabrina im Klassenraum von ihren Stühlen auf. Sie springen in die Luft, so hoch es eben geht. Einige ihrer Mitschüler reißen dabei sogar die Arme nach oben. „Wie hat euch denn der Unterricht gefallen?“, hat Karsten Heilmann die Schüler der 5a gerade gefragt. Und wer die Stunde richtig klasse fand, darf am Ende einmal schwungvoll hochhüpfen. Im Rahmen des Aktionstages „Bewegte Kinder – Schlaue Köpfe“ hat Heilmann für das Kollegium der Realschule Diepholz eine von „bewegten“ Aktivitäten gekennzeichnete Unterrichtsstunde mit der fünften Klasse vorgeführt.
Schulen sollen in Bewegung gebracht werden – dies ist der Ansatz des vom Niedersächsischen Kultusministerium geförderten Projektes „Bewegte Schule“. Dabei geht es Karsten Heilmann und seinen Kollegen nicht ausschließlich darum, dass Kinder in der Schule mehr Sportunterricht erhalten oder in den Pausen mehr Platz zum Toben haben. Stattdessen hatte der Aktionstag an der Realschule zum Ziel, dass zum Beispiel die Lehrer ihren Unterricht so organisieren, dass Kinder selbstständiger lernen oder dass sich Arbeitsphasen alleine und in der Gruppe abwechseln. Denn so können die Schüler in Bewegung kommen – äußerlich und innerlich.
Dass Bewegung auf mehreren Ebenen ganz wichtig sei, das betont auch Hermann Städtler, Projektleiter der „Bewegten Schule“ und Schulleiter einer Grundschule in Hannover. „Schule ohne Bewegung bedeutet Lernen mit hohem Reibungsverlust“, so Städtler. Wer den ganzen Schultag lang nur im Sitzen und zum Beispiel ohne jegliche Abwechslung in den Arbeitsphasen verbringe, verliere mit der Zeit sowohl seine Konzentration als auch den Spaß am Unterricht. In der Regel litten vor allem die Jungen unter diesem Zustand. „Schüler unterliegen in der Regel einem Sitzdiktat“, beschreibt Hermann Städtler die Situation an vielen Schulen.
Die Klasse 5a der Realschule Diepholz streckt zum Aufwärmen vor der Stunde die Arme in die Luft. Beim Aktionstag „Bewegte Kinder – Schlaue Köpfe“ führte Karsten Heilmann (Tafel) den Lehrern der Realschule vor, wie sich Bewegung in den Unterricht einbauen lässt. Foto: Trubel-Banke
Diesen Zustand aktiv zu verändern hat sich auch die Diepholzer Realschule zum Ziel gesetzt. „Wir finden es sehr wichtig, noch mehr Bewegung in unseren Schulalltag einzubauen“, betont Uwe Hofemeister, Schulleiter der Realschule. Zu Beginn dieses Schuljahres hat die Schule eine neue Zeiteinteilung mit einem Stundentakt von 80 Minuten erfolgreich eingeführt. „Vor allem für die jüngeren Schüler in den Klassen 5 und 6 sehen wir in diesem Rahmen die Notwendigkeit, noch mehr Möglichkeiten zur Bewegung anzubieten.“ Somit sollen der Lernerfolg und auch die Freude am Lernen langfristig sichergestellt werden.
Die Realschule nimmt aktuell am unter anderem von den gesetzlichen Krankenkassen unterstützen Projekt „Gesund leben lernen“ teil. Bei diesem Projekt geht es darum, dass Schule zu einer gesunden Lebenswelt für alle daran Beteiligten entwickelt werden soll.
Aber nicht nur das Kollegium an der Schule, sondern auch die Eltern sind aufgefordert, das „Mehr“ an Bewegung aktiv zu leben und weiterzuführen. Dies wurde nicht zuletzt bei dem sich an die nachmittägliche Lehrerfortbildung anschließenden Elternabend deutlich. „Damit gesundheitsfördernde Impulse nicht am Schultor enden, sollte das Elternhaus zur aktiven Mitarbeit befähigt werden“, meint Hermann Städtler. Statt ihre Kinder also unbeaufsichtigt stundenlang vor dem PC hocken zu lassen, sollten die Eltern in der Familie bewegte Rituale einführen und diese regelmäßig und konsequent umsetzen – sei es beim gemeinsamen gesunden Frühstück oder einer Fahrradtour am Wochenende.
Auch innerliche Beweglichkeit trägt zum Lernerfolg bei: Beim Aktionstag „Bewegte Kinder – Schlaue Köpfe“ an der Diepholzer Realschule zeigte Karsten Heilmann (links) mit Hilfe einer methodenreichen Unterrichtsstunde mit der Klasse 5a dem Kollegium der Schule (Hintergrund), wie wichtig Bewegung in der Schule ist. Foto: Trubel-Banke